Die Abenteuer der Sektion Skilanglauf
Wie sich eine sechsköpfige Gruppe von Turnern aus dem schaffhauserischen Unterland an die Spitze der globalen Amateurläufer mauserte. Eine Geschichte von Yannick Vögele.
Ein Jahrzehnt der Vorbereitung
Wir schreiben das Jahr 2011 und befinden uns in S-chanf, dem Ziel des Engadin Skimarathon. Mit Lars Fehr und Yannick Vögele haben zwei Jungturner aus Buchberg-Rüdlingen Ihre Feuertaufe überstanden und den Marathon erfolgreich gefinisht. Resultat: Ferner liefen … – nichts Besonderes.
Unterstützt wurden Sie dabei von Harry Fehr & Martin Vögele. Fehr – Turnverein Urgestein und Vorbild für die Jungen. Vögele – mit dem Engadiner vor Jahren abgeschlossen, Rückkehr für den Filius. Heute stehen die beiden Altmeister bei 30 erfolgreichen Engadin Skimarathons. Grossartig.
Der zweite Sonntag im März war nach diesem Erlebnis auch in den Folgejahren für den Engadiner reserviert. Über eine Dekade hinweg wurden diverse Bierdeckel-Verträge zur Teilnahme aufgesetzt und unterschrieben. Einige wurden eingehalten, andere nicht. Konventionalstrafe: eine Kiste Bier. Im Jahre 2017 stiessen mit Olivier Flicker und Michael Janssen zwei weitere Athleten hinzu, welche es nicht bei der Bierwette beliessen und Gefallen an dem Sport fanden.
Im Sommer 2017 wurde aus einer „Rotwein-Laune“ ein weiterer folgenschwerer Bierdeckel-Vertrag unterschrieben. Projekt „Wasalauf“ war geboren und wurde im März 2019 erfolgreich abgeschlossen. Der Buchberger/Rüdlinger berichtete über dieses Abenteuer (2/2019).
2020 – die Pandemie erfasste auch die Langlaufwelt. Absage folgte auf Absage, man versuchte das Training in der Natur zu geniessen. Dennoch fehlten die Rennen, die „Pferde“ im Stall begannen zu scharren. So wurde im 2021 der Entscheid gefasst, sich im Frühjahr 2022 nochmals an den legendären Wasalauf zu wagen. Flüge und Unterkunft wurden gebucht und die Ehefrauen und Freundinnen über das neuerliche Abenteuer unterrichtet.
Der Wasalauf wird über 90 Kilometer in der klassischen Technik durchgeführt. Bei dieser gibt es zwei Stile. Einerseits den Diagonalschritt, welcher vor allem in den Anstiegen verwendet wird. Andererseits den Doppelstock, favorisiert für die Fläche. Die ambitioniertesten Läufer nutzen heute nur noch den Doppelstock, ein Stil, welcher eine extreme Oberkörpferkraft erfordert. Auch ein Grossteil der Turner entschied sich dafür, den Wasalauf „durchzustossen“.
Vorbereitungsrennen und Trainings wurden absolviert. Der Rumpf wurde stabiler und die Hemden wurden rund um die Schulterpartie enger. Und so reisten Harry Fehr, Lars Fehr, Michael Janssen, Olivier Flicker, Martin und Yannick Vögele im März 2022 nach Schweden.
Der Wettkampf des Lebens
04:00, Tagwache in dem Chalet ob Sälen. Ein langer und intensiver Renntag steht bevor.
Noch einmal werden die Speicher geladen. Smørrebrød, Kaffee und Müesli werden trotz steigender Nervosität verputzt, der Renndress montiert und der Nummerlapper übergestreift.
Nach einer kurzen Autofahrt ist der Start erreicht, welcher zu diesem Zeitpunkt bereits einem Ameisenhaufen gleicht. Die perfekt gewachsten Ski werden gelegt. Ein letztes Warm-up, motivierende Worte. Fokus. Danach begeben sich die Athleten an Ihren Startplatz, ab sofort sind Sie auf sich alleine gestellt.
08:00, Startschuss – ein Tross von 15’800 Läufern setzt sich in Bewegung. Nach gut 500 Metern geht es in den Startanstieg, es gilt die ersten 200 von über 1000 Höhenmetern zu absolvieren. Als Belohnung erwartet die Rennläufer die aufgehende Sonne, ein Naturspektakel sondergleichen, welche die Strapazen für einen kurzen Moment vergessen lässt.
Danach zieht sich die Strecke über Smågan, Mångsbodarna, Risberg, Evertsberg, Oxberg, Hökberg und Eldris. An jedem dieser Punkte wird die originale Vasaloppet-Verpflegung serviert. Energiedrinks, Blaubeersuppe & Milchbrötchen sind Programm.
In Eldris, dem letzten Kontrollposten vor dem Ziel fühlt sich der Läufer müde. Die Bauchmuskulatur brennt, der Magen schäumt und die Arme sind leer. Ab diesem Punkt zeichnen sich wahre Athleten durch Ihre mentale Stärke aus. Schritt für Schritt, Meter für Meter. Es lohnt sich immer.
Die letzten Meter, die Kirche von Mora im Visier, grosse Emotionen. Der Zielbanner mit der legendären Innschrift „I Fäders Spår För Framtids Segrar“, übersetz „In den Spuren der Väter, für die Siege von Morgen“ wird passiert. Mål, Ziel, Finishline – es ist vollbracht.
Die Turner aus Buchberg Rüdlingen entschieden sich einer alten Weisheit zu folgen, „Langsame Läufer leiden länger“. So kam Yannick Vögele nach 4 Stunden und 35 Minuten (Rang 582) gut eine Stunde nach dem Sieger Andreas Nygaard ins Ziel. Auch der ehemalige Top-Sprinter Lars Fehr, welcher nach 4:43 (Rang 751) ins Ziel kam, zeigte eine starke Leistung und mausert sich langsam, aber sicher zu einem Ausdauerathleten. Die Altmeister Martin Vögele und Harry Fehr folgten in 5:12 (Rang 1366) bzw. 5:23 (Rang 1664). Nach 5:58 (Rang 2728) folgte Olivier Flicker. Den Abschluss machte Michael Janssen in 7:58 (Rang 5990). Bei diesen beeindruckenden Leistungen blieb vielen Nordländerinnen und Nordländern die Spucke weg.
Der geschlossene Kreis
Ein Wochenende darauf, 11 Jahre nach der eingangs erwähnten Feuertaufe liefen Lars Fehr, Yannick Vögele, Olivier Flicker, Michael Janssen und Harry Fehr erneut im Ziel des Engadin Skimarathons ein. Noch einmal zeigte die Sektion Skilanglauf, was in Ihnen steckt. Verstärkt durch Markus Fehr und Jürg Planta wurden sehr gute Resultate erzielt. Aus „ferner liefen“ wurden Platzierungen in den ersten 5% der Teilnehmer. Grossartig.
Impressionen von der Sektion Skilanglauf findet man unter „Bilder“.